März 1st, 2012 at 3:37 am by kritiker

 

Wikipedia: Imperium

Kiwi: Imperium

Erwähnungen von Fouriers Freier Liebe und erinnernswerten Werken anderer Freigeister gehören zu den – wenn auch nur zitierten – Schätzen des Buches. Auch Reminizenzen an frühe deutsche Freikörperkultur und ironische Schilderungen vielfältigster Lebenskulturentwürfe zählen zu den Stärken. Achtenswert ist der Blick auf menschenverachtende Missionare. Der von Spiegel-Autor Diez attestierte Rassismus erscheint vor dem Hintergrund von Krachts Korrespondenz mit Woodard (laut Diez „offen für rechtsradikale Gedanken“) verständlich, trotzdem wirken die angeführten Belege aus dem Roman überinterpretiert. Offensichtlich jedoch ist manieriert übertünchte, unreflektierte Kleingeistigkeit, die sich hinter Ironie versteckt. Kracht lässt den Protagonisten Antisemit werden und der Erzähler bezeichnet Hitler als Romantiker – derart primitive Einfalt nervt und Vermutungen bezüglich Gesinnung und Provokation aus banalem pekuniären Interesse liegen auf der Hand. Einsichten, die etwa Céline in „Reise ans Ende der Nacht“ gelangen, kommt Kracht nicht nahe, dafür ist er zu angepasst und oberflächlich, will zu sehr gefallen. Sein anfänglicher Mut scheint unter der zu schweren geistigen Last zusammenzubrechen, der zunächst noch vermutete große Bogen höherer Erkenntnis bleibt aus. Wirr zusammengewürfelt fällt die Geschichte dann auseinander, erzähltechnische Ungeschicklichkeiten verärgern, so dass das Gesamterlebnis trotz Wortgewandheit und -witz unbefriedigend bleibt.

Comments are closed.