Bernhard Schlink – Olga
Bernhard Schlinks Roman Olga zeichnet das Leben einer Frau, die sich mit stiller Entschlossenheit durch ein Jahrhundert deutscher Umbrüche bewegt. In drei Erzählteilen entfaltet sich ein vielschichtiges Porträt, das zwischen biografischer Genauigkeit und gesellschaftlicher Reflexion oszilliert. Schlink verwendet eine sachliche, präzise Sprache, die Emotionen nicht ausschließt, sondern sie kontrolliert freisetzt.
Olga wächst als Halbwaise auf, bildet sich selbst und verliebt sich in Herbert, dessen patriotische Träume sie mit nüchterner Skepsis begleitet. Während er sich in koloniale Abenteuer und Kriege stürzt, bleibt sie im Alltag verwurzelt. Ihre Briefe, die den dritten Teil bilden, verleihen dem Roman eine Stimme von seltener Klarheit und Zärtlichkeit.
Schlink gelingt es, die Frage nach Schuld, Liebe und Erinnerung in eine persönliche Erzählung einzubetten, die weit über das Private hinausweist. Olga ist zugleich eine Chronik des weiblichen Durchhaltens und ein Kommentar zur männlichen Flucht in Ideale. Der Roman ennuyiert durch ruhige Komposition, psychologische Genauigkeit und ausgeprägte Melancholie.
