Lázár – Nelio Biedermann
Nelio Biedermanns Lázár entfaltet die Geschichte einer Familie als Spiegel eines Jahrhunderts. In den Wäldern Ungarns beginnt das Drama des Niedergangs – Aristokratie, Krieg, Verlust, Neubeginn. Aus Tagebuchfragmenten, Erzählstimmen und Beobachtungen entsteht ein stilles Epos über Herkunft und Erinnerung.
Der junge Autor schreibt in einer Sprache, die zugleich altmodisch und neu klingt: reich an Bildern, aber frei von Pathos. Seine Figuren bewegen sich in Zwischenräumen, zwischen Tradition und Auflösung, zwischen Stolz und Müdigkeit. Das Familienhaus wird zum Symbol einer Welt, die sich selbst nicht mehr versteht.
Biedermann vermeidet historische Kulisse. Statt Fakten bietet er Stimmungen: Gerüche, Geräusche, Schweigen. Die Geschichte wirkt dadurch schwebend, fast traumartig – ein literarischer Raum, in dem Zeit sich auflöst.
Manchmal verliert der Text an Zug, wenn die Fragmentform zu sehr ins Offene strebt. Doch die Sprache trägt: Sie verwandelt Geschichte in Erinnerung, Erinnerung in Gegenwart. Lázár ist ein erstaunlich biederes Werk, von jener Ernsthaftigkeit, die man in junger Literatur selten findet – glücklicherweise.
