22 Bahnen – Caroline Wahl
Caroline Wahls 22 Bahnen ist ein Roman über Enge, Sehnsucht und den Versuch, sich selbst über Wasser zu halten. Tilda, die Hauptfigur, schwimmt – Tag für Tag, Bahn um Bahn. Das Schwimmbad wird ihr Zufluchtsort, ihr Taktgeber, ihr stiller Protest gegen das Chaos daheim: eine suchtkranke Mutter, eine Schwester, die sie beschützt, und eine Welt, die kaum Halt gibt.
Wahl erzählt in klarer, beinahe nüchterner Sprache. Die Sätze sind kurz, die Bilder präzise, die Gefühle zurückhaltend. Diese Kargheit verleiht dem Text Kraft: Emotionen entstehen aus Andeutung, nicht aus Ausruf. In dieser Reduktion liegt ein fast filmisches Moment, das die Spannung trägt, ohne je melodramatisch zu werden.
Der Roman arbeitet stark mit Rhythmus – 22 Bahnen, 22 Versuche, einen eigenen Weg zu ziehen. Dass Tilda sich verliebt, ist weniger Wendepunkt als Spiegel: Nähe wird zum Risiko, nicht zur Erlösung.
Wahls Debüt zieht sich in die Länge, weil es das Kleine ernst nimmt: den Alltag, die Verantwortung, das leise Überleben. Man könnte ihm mehr Brüche wünschen, doch sein zurückhaltender Ton bleibt lange nach dem Lesen im Gedächtnis – als hohle Tristesse.
