März 1st, 2012 by kritiker

 

Wikipedia: Imperium

Kiwi: Imperium

Erwähnungen von Fouriers Freier Liebe und erinnernswerten Werken anderer Freigeister gehören zu den – wenn auch nur zitierten – Schätzen des Buches. Auch Reminizenzen an frühe deutsche Freikörperkultur und ironische Schilderungen vielfältigster Lebenskulturentwürfe zählen zu den Stärken. Achtenswert ist der Blick auf menschenverachtende Missionare. Der von Spiegel-Autor Diez attestierte Rassismus erscheint vor dem Hintergrund von Krachts Korrespondenz mit Woodard (laut Diez „offen für rechtsradikale Gedanken“) verständlich, trotzdem wirken die angeführten Belege aus dem Roman überinterpretiert. Offensichtlich jedoch ist manieriert übertünchte, unreflektierte Kleingeistigkeit, die sich hinter Ironie versteckt. Kracht lässt den Protagonisten Antisemit werden und der Erzähler bezeichnet Hitler als Romantiker – derart primitive Einfalt nervt und Vermutungen bezüglich Gesinnung und Provokation aus banalem pekuniären Interesse liegen auf der Hand. Einsichten, die etwa Céline in „Reise ans Ende der Nacht“ gelangen, kommt Kracht nicht nahe, dafür ist er zu angepasst und oberflächlich, will zu sehr gefallen. Sein anfänglicher Mut scheint unter der zu schweren geistigen Last zusammenzubrechen, der zunächst noch vermutete große Bogen höherer Erkenntnis bleibt aus. Wirr zusammengewürfelt fällt die Geschichte dann auseinander, erzähltechnische Ungeschicklichkeiten verärgern, so dass das Gesamterlebnis trotz Wortgewandheit und -witz unbefriedigend bleibt.

Februar 27th, 2012 by kritiker

Die Literaturkritikerin Iris Radisch äußerte sich bezüglich Christian Krachts „Imperium“ zu Adolf Hitler, den sie als „Heilsapostel“ bezeichnet und in „einer Linie“ mit „Lebensreformern“ sieht. Naturliebhaber und Kritiker von Materialismus, Urbanisierung und Entmenschlichung ernsthaft (nicht ironisch wie Kracht) in einen Topf mit einem Massen-mordenden Nazi-Diktator zu werfen, enthüllt dumpfe Undifferenziertheit und ein Übelkeit erregendes Weltbild. Die ausbleibende Empörung offenbart Hirntod und zombiehafte Dumpfbackigkeit des Kulturklüngels.

3SAT Kulturzeit 20.02.2012: Link

Oktober 13th, 2011 by kritiker

 

http://www.sowasvonda.com

Unterhaltungsprosa von Tino Hanekamp (Jg. ´79). Schwer gehypter Debütroman über einen Clubbesitzer, angelehnt an die Biografie des Autors. Es gibt schlechtere noch nichtssagendere Popliteratur, aber man muss Hanekamp zugute halten, dass ab und zu Edelmetall durchschimmert. Gold nicht, aber Ansätze zu Erkenntnissen. Wenn auch mit spießigen Hohlheiten gespickt, liest sich das Buch insgesamt süffig, das Ende ist eine kalkulierte Unverschämtheit. Kann man machen.